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Biskussion sexuelle Skripte und Konsens

Als bisexuelle Menschen bewegen wir uns ja in mehreren Welten. In der homosexuellen Welt, in der heterosexuellen Welt und ja, auch in der nicht-monosexuellen Welt.

In unserer letzten Biskussion haben wir uns darüber unterhalten, was das für uns bedeutet, und welche verschiedenen sozialen Skripte wir in diesen verschiedenen Welten gelernt und angewendet haben – gerade auch wenn es um den Prozess der Konsensfindung in zwischenmenschlichen Beziehungen geht.

Doch was sind soziale Skripte überhaupt? Nach dem Lehrbuch Psychologie David G. Mayers ist ein soziales Skript ein „kulturell geformter Leitfaden, der bestimmt, wie man sich in bestimmten Situationen verhalten soll.“ Im Klartext heißt das, dass ein soziales Skript eine Handlungsanweisung ist. Wie die Spielanleitung in einem Brettspiel. Mit einigen großen Unterschieden: die Spielanleitung im Brettspiel lese wir durch, verstehen wir, wenden sie an, und zwar nur im Kontext des Brettspieles. Das soziale Skript aber ist im Normalfall nichts, das wir als Regelwerk explizit vorgelegt bekommen. Stattdessen lernen wir es von klein auf an, und das ohne, dass uns jemals jemand darauf aufmerksam gemacht hätte. Niemand sagt: „Hey, das ist jetzt eine soziale Regel, die du befolgst.“ Sondern die Leute erklären: „Naja, das macht man halt so.“ Oder „Männer muss man ein bisschen zappeln lassen. Sonst ist man ja leicht zu haben.“ Ein weiterer Unterschied zum Brettspiel: Brettspielregeln gelten nur in der Situation des Brettspielens – und das ist uns bewusst. Es wäre ja schließlich ziemlicher Quatsch Brettspielregeln ständig im Leben anzuwenden. Wir schubsen ja im Alltag niemanden von einem Feld und sagen der Person sie müsste zurück auf Los.

Soziale Skripte aber wenden wir einfach so an, und das ständig. Zusammen mit der Tatsache, dass wir sie gar nicht bewusst, sondern unbewusst gelernt haben, bedeutet das, dass wir auch gar nicht wissen können, dass wir Regeln anwenden, und dass wir diese Regeln einfach selbst ändern können.

Doch, das können wir!

Das Ändern von Regeln aber braucht Kraft und Mut. Und erstmal muss man die Regeln kennen. An dem Abend haben wir uns deswegen über einige unterhalten. Darunter waren das Inszenieren von Weiblichkeit und Männlichkeit. Wir haben uns die Fragen gestellt: Wie stellen wir uns selbst dar, und mit welchem Ziel? Eifern wir einem bestimmten Ideal nach? Und gibt es sowas wie ein bisexuelles Darstellen?

Auch haben wir darüber nachgedacht, wie wir sexuelle Anziehung zum gleichen und zum anderen Gender erleben. In der heterosexuellen Welt gilt ja die Prämisse, dass die heterosexuelle Anziehung zwischen Mann und Frau unproblematisch, ja gar magnetisch ist. Das ist natürlich selbst zwischen heterosexuellen Menschen Quatsch und führt dann zu seltsamen Annahmen, wie dass ein Penis immer im richtigen Moment steif zu sein hat. Oder eine Vulva feucht. Aber schleppen auch wir als bisexuelle Menschen diese Annahmen mit uns rum? Und was passiert, wenn die Vulva nicht ausreichend feucht, der Penis nicht ausreichend hart wird?

Wir haben uns Zeit zur Selbstreflektion genommen und uns im Anschluss ausgetauscht. Wir haben Gemeinsamkeiten entdeckt und von anderen und gemeinsam gelernt.

Zum weiteren Nachlesen:

Kimmel, Michael (Hrsg) : The Sexual Self, The Construction of Sexual Scripts, 2007: Vanderbilt University Press.

Gagnon, John H. & Simon, William: Sexual Conduct, 2011: Aldine Transaction.

Zum Thema Konsens:

https://antiochcollege.edu/campus-life/sexual-offense-prevention-policy-title-ix/

https://www.spektrum.de/news/sexueller-konsens-ja-nein-vielleicht/2028184

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